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Schlagwort: hafen (Seite 1 von 1)

Atemlos

Wär ich jetzt am nördlichsten Pole,
Säß ich im Hafen auf der einsamen Mole,
Unter mir knärzte die faulige Bohle,
Überm Iglu wär Rauch schwarzer Kohle,
Am Himmel flöge eine traurige Dohle,
Neben mir läge eine scharfe Pistole,
Ich täte es nur der Menschheit zum Wohle:
Nie wieder sprühte ich Aerosole.

David Damm, 2021

Stralsund

Es suchte ein Sammler in Stralsund
Im Hafen direkt hinter’m Stahlspund,
Doch selbst nach drei Wochen
Fand er keinen Rochen,
So tat er ’s Gesuch an ’nem Pfahl kund.

David Damm, 2020

Am Kai

Die Fähre liegt im Trockendock,
Hat keinen Bock, Maschinen futsch.

Der Dicke blickt auf seine Uhr,
Sie tickt auf Mitternacht hinzu.

Er schrubbt konstant den Dreck an Deck,
Und steckt sich eine Kippe an.

Ein Dackel wackelt mit dem Schwanz,
Der Mann zieht seine Jacke an.

Er geht von Bord, da rennt ruckzuck,
Der Hund geduckt im Regen fort.

David Damm, 2017

Abend am Wannsee

Die Blässgänse fiepsen,
Ein Motorboot dröhnt,
Die Sonne versinkt hinterm Wald.
Eine Entenfamilie schwimmt über den See,
Sechs Schwäne wie Perlen auf einer Schnur.
Ein goldener Streif geht steil in den Himmel,
Und silbern glänzen die Wolken.

Die Wellen plätschern seicht an die Mole,
Der BVG-Dampfer fährt hupend in den Wannseehafen ein,
Durch die Fenster scheint ungehindert das letzte Licht.
Die Sonne brennt ein schmales Loch durch die Wolken,
Die Sonne – ein feuerrotes Ei.
Der Wind flaut ab,
Ein Segelboot streicht das Segel ein.

Die Bootmasten im Hafen stehen still,
Auf ihren Einsatz wartend wie unbenutzte Bleistifte.
Zweihundert Stare folgen im Zickzack der versunkenen Sonne.
Raben und Möwen ziehen nach Norden,
Die Havel hinauf nach Spandau,
Am Strandbad Wannsee vorbei,
Wo die Strandkörbe dem See ihre Rücken zeigen.

David Damm, 2016