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Schlagwort: reise (Seite 1 von 1)

Auf dem Bahnsteig

Einen Fahrschein muss ich kaufen,
Um mich später auszuweisen,
Denn sonst glaubt die Schaffnerin,
Ich sei unerlaubt auf Reisen,
Doch wenn ich den Zettel habe,
Kann ich’s ihr damit beweisen.

Jetzt muss ich nur hoffen, warten,
Dass auf den verwaisten Gleisen
Bald mein Zug gefahren kommt,
Schnurgerade zieh’n die Schneisen
Durch den dichten Kiefernwald,
Bis zum Horizont liegt Eisen.

Winters Kälte lässt mich frieren,
So muss ich mit den Armen kreisen,
Von einem Bein aufs and’re hüpfen,
Um nicht am Bahnsteig festzueisen,
Die Dunkelheit setzt auch schon ein,
Was würd‘ ich einen Zug lobpreisen.

Allmählich knurrt mein leerer Magen,
Im Rucksack suche ich nach Speisen,
Find einen Keks, den Rest vom Tee,
Und horche auch auf die ganz leisen
Geräusche, die von Ferne dringen,
Doch sind’s in diesem Fall nur Meisen.

Ich spür, wie die Gedanken kreisen,
Auf leerem Bahnsteig, leeren Gleisen,
Mit leerem Magen ohne Speisen,
Ich seh mich schon als alten Greisen,
Als Vogelscheuche für die Meisen.
Ach, könnte ich doch endlich reisen!

Und die Moral von dem Gedicht?
Der Zug kommt pünktlich? Leider nicht.

David Damm, 2021

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Auf großer Fahrt

Wie einst Tom Sawyer und Huckleberry Finn
Schippern wir auf dem Wasser der Havel dahin.
Am Wannsee schlagen die Wellen ans Floß,
Wir fürchten sie nicht, unser Mut ist so groß.

Wir spähen durchs Fernrohr zum Strandbad hinüber,
Dort gibt’s einen Schatz, unser Blut kocht vor Fieber.
Die Leute liegen wie Krebse am Strand,
Wir ankern und warten, geh’n erst nachts an Land.

Der Mond steht hoch und ist uns Laterne,
Wie Eisdiamanten funkeln die Sterne.
Die knittrige Karte weist uns den Weg,
Wir graben mit Spaten und Schaufel am Steg.

Schon bald stoßen wir auf ein hölzernes Gut,
Wir bergen die Truhe, brechen auf mit der Flut.
An Deck knacken wir mit dem Anker das Schloss:
Rost’ge Münzen, ein Seil und ein Wurfgeschoss.

Wir treiben flussabwärts noch tagelang,
Tauchen ein in die Wildnis mit Vogelgesang.
Der Fluss wird schmäler und windet sich bald,
Wir erzittern beim Heulen der Wölfe im Wald.

Entsetzt stellen wir eines Morgens fest,
Das Floß ist verfangen in Schling und Geäst.
Ein Seerosenteppich umschließt uns ganz,
Bis zum rettenden Ufer zwanzig Meter Distanz.

Wir binden den Haken an das Ende vom Seil,
Und schleudern ihn kräftig wie einen Pfeil.
Im siebten Wurf haben wir endlich Glück,
Er wickelt sich fest und kommt nicht mehr zurück.

Mit all uns’rer Kraft zieh’n wir an einem Strang,
Wir müssen uns sputen, der Ast hält nicht lang.
Wir zählen gemeinsam hinauf bis zur Drei,
Ein kräftiger Ruck und das Floß ist frei.

Wir stimmen vor Freude ein Seeliedchen an,
Und danken dem klugen Steuermann.
Das Schiffchen schaukelt wie auf hoher See,
Beim nächsten Mal fahren wir auf der Spree.

Mit Reichtum beschenkt, auch wenn ohne Gold,
Ist jedes Erlebnis des Entdeckers Sold:
Die Schatzkiste gefüllt mit Abenteuern
Von gierigen Schlangen und Seeungeheuern.

David Damm, 2021

Dieses Gedicht wurde im Rahmen der Juniverse-Challenge zum Begriff »Abenteuer« verfasst.

Niederschlag

An einer Holzhütte habe ich mein Pausenlager aufgeschlagen,
Auf der ungeschützten Bank sitze ich niedergeschlagen da.
In den Tälern und Niederungen beginnt es kräftig zu regnen,
Es trifft mich wie ein Faustschlag in die Magengrube.
Aus den schwarzgrauen Wolken prasseln die fetten Tropfen hernieder,
Hin und wieder ein grelles Zucken – Blitzeinschlag gefolgt von Donner.
Niedergekauert drücke ich mich an die Wand, verwünsche den Wettergott,
Schon versiegt schlagartig der Wasserfall, Hoffnung keimt in mir auf.
Ein Sonnenstrahl fällt nieder auf mein Haupt, in der Ferne ein Regenbogen,
Dieses Signal ist ausschlaggebend für meinen neu gefassten Mut:
Ein guter Zeitpunkt, mich von meiner Niederlassung zu erheben
Und jedem weiteren Niederschlag zum Trotz meine Reise fortzusetzen.

David Damm, 2021

Brück

Ein Reisender reiste nach Brück,
Sein Zug, der war pünktlich, zum Glück,
Er wollte dort speisen,
Gleich neben den Gleisen,
Doch gab’s nicht mal ein Kuchenstück.

David Damm, 2017

Augenblick I – Frühling

Sanft sprudelt das Wasser der Quelle,
Zweige wiegen tanzend im Wind,
Zarte Knospen befreien sich des Mantels,
Die der Kälte verdrossen sind.
Lieblicher Duft verbreitet sich,
Erleuchtet das Farbenmeer,
Vogelstimmen erklingen hell,
Verzaubern den Wald so sehr.

Zaghaft beginnt ein neues Leben,
Dem der junge Fisch entspringt,
Unbeholfen platscht die Flosse,
Vom Rhythmus der Natur beschwingt.
Begibt sich auf die lange Reise,
Stets flussabwärts mit den Wellen,
Entdeckt die Welt mit großen Augen,
Verwunsch’ne Plätze und Gesellen.

David Damm, 2005

Gute Reise

Im Schatten einer Eiche,
Auf grün bemoostem Grund,
Erwacht ein Steinpilz leise,
Faustgroß bekappt und rund.
Der Sonne Strahlen leuchten,
Beflecken Wald und Flur,
Auf wilden Wiesen scheuchen
Die Störche die Natur.

Der Silberlinde Früchte,
Beflügelt durch den Wind,
Die Storchenkinder flügge,
Der Abschied naht geschwind.
Hoch über gold’nen Ähren,
Bekreisen sie das Feld,
Bis südlich über Meere,
Fort in die weite Welt.

David Damm, 2015

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